Samstag, 2. August 2014

Schwarz ist keine Farbe - Jeannette Ehlers (4)

Filmstill aus dem Video "Black Bullets" von Jeannette Ehlers
Jeannette Ehlers (geb.1973) zeigte auf der Dak'art ihr Video "Black Bullets", das bereits in Montreal in der Galerie Parisian Loundry im März 2013 vorgestellt worden war.
Aufgewachsen in Dänemark und dort ausgebildet hat Jeanette Ehlers - vermutlich über ihre mütterliche Herkunft - auch Wurzeln in Surinam. Wie die große Mehrheit der Diaspora-Künstlergemeinde spielt ihre farbige Haut eine große Rolle in ihrer Kunst. Und wie immer führt uns dies - leider allzu vorhersehbar - zu den Orten der Sklavenverschiffung. In ihrer Arbeit "Atlantic (Gate Of No Return)" von 2009 rekuriert sie auf Ghana's Goldküste, wo die Sklaven gesammelt und nach Europa und in die USA verschifft wurden.

Ein weiteres, aktuelleres Thema vieler dieser KünstlerInnen ist der Exotismus, der sich automatisch an Menschen mit farbiger Haut festmacht und der bis heute wie eine Projektionsfläche für Vorurteile funktioniert. 
Bootsflüchtlinge im Mittelmeer vor der Küste Maltas (2103) Foto:wikimedia
Von beiden Themen ist das schwarz-weiß-Video "Black Bullets" von 2012 eine erfreuliche Ausnahme. In Dakar wird diese Arbeit zum Auftakt der Biennale unter dem Label "Diversität der Kulturen" ohne Ton in einer engen, stickigen Nische der Räume präsentiert - sicher eher wegen der improvisierten Umstände, die sich bei Ausstellungen in Afrika schon einmal ergeben. Sowohl die Enge des Raumes wie die fehlende Tonspur wirken hier unfreiwillig im Sinne des Videos. Dieses zeigt in einem erbarmugslosen, tropisch-heißen Universum Menschen, die ins Wasser gehen und dort stumm versinken. 

Ihre Spiegelung in der Wasseroberfläche zusammen mit einer Wolkenformation ergeben eine Symmetrie, die diese Prozession in ein anderes Bild umkippen lassen: Die Köpfe der schwarzen Menschen werden zu Kugeln (Bullets) und die Wolken zu einer schmerzlich stummen Explosionswelle in Zeitlupe, die den Lauf der Kugel auf dem Weg zu ihrem Ziel anzeigen. "Black Bullets" ist eine Arbeit, die in Haiti gefilmt wurde und sich laut Jeannette Ehlers auf die Geschichte Haitis bezieht, dem ersten Land, das sich unabhängig machte und bis heute dafür gestraft ist. Aber ganz unabhängig von den Angaben im Biennale-Katalog und von der Künstlerin selbst wirkt dieses Video durch eine Vielzahl von Assoziationen ganz ohne dieses Hintergrundwissen. 
Filmstill aus dem Video "Black Bullets" von Jeannette Ehlers
Menschen, die wissend und willentlich eher untergehen als dort zu bleiben wo sie sind, ist ein tragisches und gültiges Bild für Migration aus den afrikanischen Ländern. Gleichzeitig lässt es für diejenigen, die ausreichend darüber informiert sind, Bilder entstehen, die auf die vielen Afrikaner verweisen, die in den beiden Weltkriegen als 'Kanonenfutter' für die Kolonialmächte verheizt wurden. Selbst in dem blutigen Kolonialkrieg der neueren Zeigeschichte wie in Vietnam, wurden überwiegend Afro-Amerikaner an die Front geschickt. Die Todesraten der schwarzen Soldaten waren immer schon höher gewesen als die der weißen, aus höchst rassistischen Gründen.

Während diese Endlosschleife mit dem Nebengeräusch des Projektors, der zunehmend noch Hitze verbreitet, in Dakar abgespielt wird, konnte ich feststellen, wie das kunstversierte, bourgoise Publikum tatsächlich so etwas wie echte Betroffenheit entwickelte und stumm  und geradezu fluchtartig den Raum verließ. Es gibt Bilder, die funktionieren und nicht im Betroffenheitsgeplänkel mit den üblichen Begleitgesten von Toleranz untergehen.

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