Mumbai brummt: Als Kunstmetropole neben denen von Kalkutta oder Delhi bietet sie neben vielen ambitionierten Ausstellungen auch einige Events, wie das
Kala Ghoda Art Festival oder das
Fokus Photography Festival . Darüber habe ich auf
diesem und auf dem
MediaWatch Blog bereits
berichtet. Eine erste
Galerieausstellung habe ich noch während ich in Indien war, veröffentlicht. Hier möchte ich 5 weitere Ausstellungen mit ihren Künstlern vorstellen.
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Fotocollage von Vivisek Vilasani |
Noch bis zum 10. April läuft die Ausstellung mit Bildern von
Vivek Vilasani in einem Möbeldesignladen
Red, Blue & Yellow. Der Künstler kommt aus dem südindischen Bundesstaat Kerala. Dort hat er politische Wissenschaften studiert und Bildhauerei als traditionelles Handwerk erlernt - eine ungewöhnliche Kombination. Die Tradition der Bildhauerei hat in ganz Indien große Bedeutung - für die zahlreichen hinduistischen Feiertage finden teils große Festagsumzüge mit überlebensgroßen Figuren statt. Dieser Hintergrund - das Pompöse der bilderreichen Tradition und die in Kerala als Theater aufgeführte
Kathakali-Tanzperformance - durchdringen die Bilder von Vilasani.
Überfrachtet, ein wenig wie die Wimmelbilder von
Hieronymos Bosch - teils noch zusätzlich mit Motiven der christlichen Barock- und Renaissancemalerei - bedienen seine Bilder die Klischees, die man sich gemeinhin von Indien macht: Laut, tosend bunt und bevölkert von einem unverständlichen spiriutellen Kosmos.
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Fotocollage von Vivisek Vilasani |
Er verknüpft diese für Europäer überwältigende Vielfalt teils mit an Straßenszenen anmutenden Hintergründen, die auf Plakaten eine ähnliche Welt widerspiegeln wie seine Szenerien im Vordergrund. Klaustrophobisch wirkt das, als könne man der dominanten Hindukultur auch im indischen Alltag nicht entrinnen und genau so ist es auch. Sein Bild eines überbordenden Hindutempels, vermutlich ein Abbild eines der berühmtesten indischen Tempel, dem
Minakshi-Tempel in
Madurai, ist bei ihm nicht mit Göttern, sondern mit Menschen aus dem
indischen Alltag bevölkert. Leider hat das Glas des Bildrahmens
vehindert, ein besseres Foto davon zu machen.
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Fotocollage von Vivisek Vilasani |
Das rätselhafteste und interessanteste Bild zeigt eine merkwürdige
Figurenkonstellation, dessen Bedeutung für Inder vielleicht lesbarer
sein dürfte als für Kulturfremde. Auch stilistisch fällt dieses Bild aus
dem Rahmen. Nur der Hintergrund ist einfarbig rot, die Figuren selbst
wirken wie akkurate Federzeichnungen. Die einzige weibliche Figur läuft
dem ineinandergeschobenen Tross an Männern entgegen, irgendwie eine
Situation, die mir sehr bekannt vorkommt. Sie könnte aus dem indischen
Alltag entstammen, in dem man sich, durch den indischen Großstädtdschungel schlagend,
ganz so vorkommt wie die Frau auf dem Bild.
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Arbeit von Vivisek Vilasani |
Die Männer tragen eine Art Guru, seine Schneidersitzhaltung und die nackten Füße scheinen darauf zu verweisen. Insgesamt bildet die Formation die Umrisse eines Elefanten ab, ein Tier, das neben der heiligen Kuh ebenfalls rituelle Bedeutung zukommt. Ratlos ist dagegen der Gesichtsausdruck des vermeintlichen Gurus: Heilslehren zu verkünden und zu wissen, wo es langgeht - diese Ausstrahlung fehlt ihm noch. Das könnte eine ironische Brechung des Künstlers sein, der eine guruähnliche Erscheinung als normalen Menschen darstellt, der wie alle anderen ist und durch nichts ausser der Bewunderung seiner Mitmenschen hervorgehoben ist.
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Malerei/Collage von Vivisek Vilasani |
Ähnlich wie Bettler ist
auch Guru in Indien ein Beruf, ein sehr lukrativer dazu, wenn man die
Klaviatur der Bedürfnisse so vieler schicksalsgläubiger Inder zu
bedienen versteht. Vivek Vilasani versteht es, aus
diesem Gemengelage von Alltag, Gläubigkeit und Hochkultur Bilder zu
generieren, die mehr sind als blutarme Konzeptkunst und sich
dennoch nicht intellektuell darüber erheben. Gerne wüsste man mehr zu den
Bildern, die dekorativ und ohne Titel - und Werkanangaben zwischen den
Möbelarrangements hängen. Aber Red, Blue & Yellow ist eben keine Galerie.
Alle Fotos aus der Ausstellung von Ina Zeuch
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