Ein menschenleeres MacDonald's Restaurant irgendwo in den USA: An der Wand hängt ein Bild vom Arbeiter des Monats, auf den Tischen Essensreste, die Kaffeemaschine blubbert und die Rührer der Saftmaschinen bewegen sich träge durch die beiden knallbunten Flüssigkeiten in trüb gewordenen Glasbehältern.
Rasmus Nielsen, Björnsterne Christiansen, Jakob Fenge: "Flooded McDaonld's" |
Doch es lohnt sich, bei diesem Film des dänischen
Künstlertrios Superflex
(Rasmus Nielsen, Björnsterne Christiansen, Jakob Fenge), das den Laden
eigens dafür nachgebaut hat, länger zu verweilen. Denn die
zunächst träge Wasserlache, die durch einen der geschlossenen
Türschlitze dringt, wird nach und nach zu einem reißenden Strom und
erfasst schließlich die gesamte Inneneinrichtung.
Rasmus Nielsen, Björnsterne Christiansen, Jakob Fenge: "Flooded McDaonld's" |
Mäandernd und gurgelnd schliert der Müll mit aufgequollenen Frittenresten, Styorporverpackungen, lasziv dahinsinkendem Werbeclown und mit puffenden Zischen ausser Kraft gesetzte Elektrogeräte in den egalitären Strom der Dingwelt, um in eine immer brauner werdende Suppe aus strudelnden Wassermassen zu versinken. So amoralisch 'schön' wird es in der Schau danach nicht wieder.
Ökologisch, ökonomisch, sozial - wie lässt sich dieses Modethema der Entwicklungs- und Umweltpolitik in Kunst umsetzen ohne in plakative Agitprop zu verfallen? Tatsächlich kommt hier viel Kunst mit aufklärerischem Duktus und damit notwendigerweise auch mit viel Erklärtexten daher. Man erfährt viel über Wasserknappheit, unkontrollierte Urbanisierung, Müll und betrachtet erwartbare Fotoarbeiten aus den Recyclingwüsteneien der Entwicklungsländer und Slums an den Stadträndern von Megacities .
Xin Danwen: "disConnexion" |
Mit verhandelt werden auch die Flüchtlingscamps als Kunstinstallation wie die Minizelte mit UN-Logos und so sinnigen Texten wie "Backöfen statt Kriesenherde" von Hermann Josef Hack, Fotos von Müllhalden aus Elektroschrott und Menschen, die ihn recyceln. Überhaupt wird facettenreich und gerne großformatig - mal knallbunt, mal sensibel in schwarz-weiß - viel Müll fotografiert, ein Motiv, das offensichtlich zu einer Art modernem Stilleben avanciert ist und sich gut einbinden lässt in eine Ausstellung zur Nachhaltigkeit.
Hermann Josef Hack: "Weltklima Flüchtlingslager" |
Aber daneben gibt es weitaus gelungernere, oft poetische und rätselhafte Bildwelten, bei dem sich der Titel der Ausstellung " Zur Nachahmung empfohlen" nicht immer schlüssig anwenden lässt und den man bei guter Kunst ohnehin vergisst. So zum Beispiel bei den beiden großformatigen Fotos "Food Waste"von Emine Ercihan.
Emine Ercihan: "Food Waste" |
oder bei der Schaumstoffinstallation von Dina Shenhav in "The End of the Forest", die trotz ihres kritischen Ansatzes weit über das Erklärbare hinaus gehen und eine eigene Bildwelt entwickeln, die nicht einfach nur gut gemeint Fakten bebildert oder sie symbolisch zu ergründen meint.
Dina Shenhav. "The End of the Forest" |
Ikka Halso:"Kitka River" ( Ausschnitt) |
Edi Hirose: "No title - Jicamarca aus der Serie 'Expansion' " (Ausschnitt) |
Vincent J.F. Huang: "Atlantis Project" |
Es fehlen auch nicht die alternativen Sitzmöbel aus Jutesäcken, die Vielfalt von Weizenarten als Fotoserie einschließlich des Hinweises auf ihr Aussterben, kleine handhabbare Solarlampen in Sonnenblumenform für die Beleuchtung von Weltregionen ohne Stromnetz, romantisierende Naturvisionen und viel Konsumkritik. Das Politische ist nicht Kern von Kunst. Kunst kann sich deshalb sachliche, aber niemals ästhetische Ungenauigkeiten leisten. Ihre Stärke liegt daher oft im Abwegigem und absurd Spaßmachendem wie beim eingangs erwähnten Film "Flooded McDonald's", einem 'atmenden Blätterhaufen oder dem Video vom umgedrehten Tisch als motorisiertem Küstenboot, dessen Screenshot zum Ausstellungsplakat wurde, aber auch die Graffitiwand mit dem rätselhaften Text "Sensibility is under Control".
Blick in die Ausstellung |
"Zur Nachahmung empfohlen" mit dem Kürzel ZNE in Bonn ist die 17. Station der Ausstellung. Tatsächlich nachahmenswert findet sie in den seit Jahren leerstehenden Räumen der alten Volkshochschule statt und kostet keinen Eintritt.
Aber wir, die Besucher, werden diese Schau bestenfalls vielleicht mit etwas schlechtem Gewissen verlassen, sofern wir nicht eher ohnehin zu den 'Guten' gehören. Kunst wird uns - so engagiert sie auch sein mag - kaum dazu bringen, die eigene Lebensweise oder unsere ganz private Ressourcenverschwendung und erst recht keinen Hauch die Politik in den Industrieländern ändern. So dient Kunst als affirmatives Element des Status quo, als gefühltes Engagement nach dem Motto: Es ändert sich nichts, aber wir machen es zum Thema. Vielleicht ist das ja der tiefere Sinn des Slogans "Sensibility is under Control".
Ma Yongefeng: "Bernard Controls Project"
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