Der Künstler Tobias Rehberger hat es nicht mit kontemplativer Kunst. Werbetafeln, Plakate und blinkende Leuchtschrifttafeln bettet er in Wand-und Bodenornamente mit optischen Effekten ein, die der Op-Art der 1960er Jahre entlehnt sind. Als Betrachter:in befindet man sich in einem schrillen, flirrendem Gesamtkunstwerk.
Neben Lichtbildtafeln, die wie Leuchtreklame wirken und mit kryptischen Botschaften versehen sind, arbeitet Rehberger auch skulptural - ebenfalls in schrillen Farben mit optischen Effekten und asymmetrischen Formen.Liebenswert, weil man als Betrachter:in gleich Teil eines Kunstwerks wird, ist die lange Wand am Eingang zu Rehbergers Ausstellung. Dort kann man mit dazu bereitliegenden dicken Kreidestrünken in vier Farben die Wand vollmalen und wird dabei umschattet oder angeleuchtet durch die sich verändernde Lichtregie. Dabei werfen die vor der Wand installierten Skulpturen ebenfalls ihre Silhouetten auf die Wand. Die infantilen Strichmännchen, Botschaften und das undefinierbare Gekrakel an der Wand nehmen sich dabei relativ banal aus, die nur durch das dichte Geflecht des Neben-und Übereinandergekrizzels und der Gesamtkomposition von Licht, Skulpturen und dem Konzept des Künstlers zu Kunst wird. Das macht geradezu pädagogisch wertvoll deutlich, wie dieses zulassende Eingreifen nur durch die 'Regie' des Künstlers zu Kunst wird.
Weiter geht es zur tiefergelegten Anordnung von Lampen in vielen Farbtönen,
die man von oben betrachten kann, während man sich selbst in einer
verschlungenen Wand-Bodenzeichnung befindet, die auf der gegenüberliegenden
Seite weitergeführt wird. Dieser Abstand – über die Lampen hinweg zur anderen
Seite - macht die Wandzeichnung wieder fast zu einem Bild. So durchdringen
sich alle drei Dimensionen einschließlich der Betrachter:in zu einem
Gesamtkunstwerk.
Klassische Sinnsuche scheint Rehberger bei all der Reizüberflutung bewusst unterlaufen zu wollen. Auch die Konsumwelt, deren Mittel sich Rehberger unverhohlen bedient, setzt auf Reizüberflutung. 'Kauf mich' ist dabei das unmissverstänliche Ziel bei höchster ästethischer Präsenz und gefangen in einer nie abreissenden Wettbewerbssituation zur Konkurenz.
Auch die Kunst ist seit den 1960er Jahren und beschleunigt durch die
Factory von Andy Wahrhol
nur ein Produkt auf einem heiß umkämpften Markt und buhlt um Aufmerksamkeit.
Tobias Rehberger jedenfalls hat auf diesem Markt längst bestanden. Ob sein
Werk die Kapitalisierung von Kunst kritisch mitmeint, bleibt für mich eine
offene Frage, da ich sein Werk ohne kunsthistorische Einordnung und ohne die
Werbetexte der Museen und Galerien über den Künstler allein durch diese
Ausstellung auf mich wirken ließ. Die ist noch bis zum 28. August unter dem
Titel I do if I don't im
Kunstmuseum Stuttgart zu sehen.
Alle Fotos aus der Ausstellung von Ina Zeuch
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