Freitag, 11. August 2017

Palästina: Ein Besuch im Flüchtlingslager Al Fawwar

Al Fawwar ist eines von der UN registrierten Flüchtlingslager innerhalb der israelisch besetzten Gebiete in der Westbank/Palästina und gehört mit ca. 9.500 Einwohnern zu den kleineren Camps. Es wurde 1949 von der UN eingerichtet, um einen Teil der 700.000 Flüchtlinge aufzunehmen, die nach der Staatsgründung Israels entstanden sind und steht heute unter der Obhut der Palästinensischen Autonomiebehörde. Neben den 19 Flüchtlingslagern in der Westbank gibt es noch acht weitere Lager in Gaza. Zehn neue Lager entstanden nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967, bei der nach Schätzungen der UN weitere 300.000 Flüchtlinge hinzukamen. Aber auch in Jordanien (10 Lager) und Syrien (10 Lager) sowie im Libanon (12 Lager) leben Flüchtlinge.  
Acht Kilometer südlich von Hebron gelegen ist unsere Fahrt nach Al Fawwar, die wir in den südlichen Hebronhügeln wohnen, nur von kurzer Dauer. Vorher haben wir Frau Khoulod, einem unserer bewährten Kontakte im Lager, von unserem Besuch unterrichtet. Sie ist Englischlehrerin, so dass wir uns uneingeschränkt mit ihr unterhalten können und sie uns auch bei den Interviews der Bewohner übersetzen kann. Denn das ist der Grund unseres Besuches: Neben den Nachkommen der Naqba-Flüchtlinge vielleicht tatsächlich noch den einen oder anderen Zeugen der Vertreibungen nach der Staatsgründung Israels von 1948 zu finden und damit aus erster Hand über die Ereignisse von damals erfahren zu können. Schon als wir bei der Ankunft nach dem Weg fragen, wird unser Auto umringt von Kindern. 
 
Ihnen scheint jede Abwechslung willkommen und wann kommt hier außer der israelischen Armee schon einmal jemand vorbei. Die Camps gelten als Hort der Unruhen und Rekrutierungen von Aufständischen. 45 Prozent von Al Fawwar sind unter 15 Jahren, eine weitgehende No-Future-Generation, deren Frustration häufig zur Präsenz und Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee führt. So ist der beiläufige Effekt jeden friedlichen Besuches, dass die Menschen hier gesehen werden wollen, um sich nicht völlig von der Welt vergessen zu fühlen.