Montag, 17. Juni 2024

Kosmische Einheit von Pflanze-Tier-Mensch: Kiki Smith im Arp Museum

Schmetterlinge, Vögel, Schlangen und ornamentales Blütenwerk - dazu oft mit Sternen übersät und  nackten Frauenkörpern verwoben - das könnte kitschverdächtig sein und ist es auch manchmal. "Verwobene Welten" heißt die Ausstellung mit den überwiegend großformatigen Arbeiten der US-amerikanischen Künstlerin im Arp Museum Rolandseck.

Fotoarbeit von Kiki Smith





 
Die vielfältigen Materialien, die in die Collagen von Kiki Smith einfließen, ermöglichen ein intensives haptisches Seherlebnis. Dazu trägt noch bei, dass die ansonsten streng rechteckigen Rahmen von Leinwandbildern hier aufgehoben sind und die teils leicht verformten welligen Bilder mit den ungeraden Rändern dem zentralen Thema der Künstlerin von wuchernder Natur entgegenkommt.
So sind auch ihre Collagen mit ihrem ornamentalen Charakter ein vielschichtiges Amalgam, das durch die menschlichen, überwiegend weiblichen Körper hindurchfließt. Teils liegen - stehen - fliegen ihre Körper auch wie aufgebettet auf den teppichartigen Schichten und dem vom Gewicht der aufgeklebten Fragmente verformten Papier. 
Dass wir ein Teil der Natur sind und diese gefährdet und darum schützenswert ist, passt gut in das  aufkommende ökologische Bewusstein, dass den Zeitgeist derzeit prägt. Dass wir als Teil der Natur auch sterblich sind und damit vergänglich, im besten Fall zu Humus werden - das ist eher die dunkle und für viele beängstigende Seite des Themas.
In der poetischen Auseinandersetzung, wie sie Kiki Smith in ihren Arbeiten mit zarten Farben und Formen umsetzt, kommt diese Seite von Mensch und Natur eher nicht vor. Das begünstigt den Hype, den ihre Arbeiten auslösen. Die unberechenbare Seite der Natur, der wir ungeschützt bei Erdbeben, Fluten, Stürmen und dem Gegenübertreten von Wildtieren ausgeliefert sind, wäre eine weniger romantische Seite von Natur. 
Es sind oft alte, in religiösen Abbildern überlieferte Bildzeugnisse, die Kiki Smith inspirieren, wie im Film in der Ausstellung über sie deutlich wird. Die Kalligrafien der Bibel sind umrankt von floralen Ornamenten und die Tierwelt wie Schlange, Löwe, Wal, Vögel und Fabelwesen wie das Einhorn sind feste Bestandteile in der christlichen Kunst. Eng mit ornamentaler Pflanzenpracht waren die Mariabildnisse der Madonna im Rosenhag, die ein beliebtes Bildthema vieler Maler im 15. Jahrhundert waren. An diesen Beispielen christlicher Bildwelten lassen sich die verloren gegangene religiöse Anschauung zur Natur von heute ermessen, die uns im Gegenteil zu damals nicht mehr eng umgibt, sondern schwindet und mit ihr die kosmische Verbindung zu ihr. 
Ausschnitt
Weniger spirituell, aber mindestens ebenso fanzinierend sind die heutigen Recherchen der Naturwissenschaften wie der Biologie und verwandten Wissenschaften, die inzwischen Vögel in den Olymp fühlender und kommunzierender Wesen gehoben haben und erst kürzlich selbst die Intelligenz von Pflanzen ernsthaft erforschen.

Alle Fotos aus der Ausstellung von Ina Zeuch

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