Erst seit einem Jahr veranstaltet das Völkerkundemuseum
Rautenstrauch-Joest in Köln in Ergänzung zu seinen ethnologischen
Sammlungen Ausstellungen zeitgenössische afrikanische Kunst. Man könnte
meinen, dies widerspreche sich. Ist doch ein zeitgenössischer Künstler
immer auch ein globaler Künstler, dessen Bezug zu seiner Zeit und in
seinen Zeitgenossen liegt.
Die ethnologische Zuordnung, die dem 19. Jahrhundert entstammt, hat
in diesem Zusammenhang praktisch keine Bedeutung mehr. Aber wer die
Ausstellung des togolesischen Künstlers Amouzou Glikpa betritt, spürt
sofort, dass sich seine Werke problemlos in die ständige Sammlung
einfügen. Sie könnte die modifizierte Fortsetzung von Masken und
Fetischen sein, die man in den oberen Stockwerken bewundern kann.
Erdbraune
Gemälde und eine widderähnliche, mit nassem Ton bearbeitete Plastik,
einzeln und in Gruppen angeordnet, bestimmen den Raum.
Überdimensionierte Kaurimuscheln - einst ein Zahlungsmittel Westafrikas -
inspirierten den Künstler zu Formen aus Eisen und Holz. Holz ist eines
der wichtigsten Materialien alter afrikanischer Kunst und die
Schmiedekunst war früher in viele Ethnien heilig.
Neben
diesen deutlich afrikanischen Stilmitteln weist Glikpas Werk auch noch
andere Tendenzen auf: Mehrere Jahre studierte er an der Akademie der
Schönen Künste in Peking und bringt von dort ebenfalls kulturelle
Einflüsse mit. Schon am Eingang hängen auf Zeitungsbahnen gearbeitete
Schriftrollen mit chinesisch anmutenden Chiffren. In ihrer fein
ausgearbeiteten Hintergrundsstruktur mit den gewitzten, rituell
anmutenden Formen im Vordergrund sind sie die besten Arbeiten der Schau.
Auf weiteren Bildern mit rotbraunen Grund machen sich andere,
unverständliche Formeln breit. Hin und wieder entstehen figurative,
raumgreifende Liniengebilde. Zum Thema "L'amour" gibt es Zeichnungen zu
sehen, die an die Maniriertheit von Dali erinnern: Dünne, fast
körperlose Wesen werfen lange Schatten in künstliche Räume. Zentral dazu
sind die widderähnlichen Köpfe in Kreuzform an der Stirnwand angeordnet
und versetzen den Raum in sakrale Stimmung.
Auftritte und
Performances des Künstlers sind auf einem Video zu sehen. Hier entsteht
das Gefühl, dass es dem entwurzelten Europäer endgültig an den Kragen
geht. Der fast nackte Glikpa wälzt sich darin in schlammähnlicher Farbe,
rollt in quälender Mühe auf dem Boden und trägt auf diese Weise den
Schlamm nach und nach ab. In Düsseldorf hat er sich die Farbe im urbanen
Raum von Treppen, Straßen und öffentlichen Plätzen abgeschabt: Ein
exemplarischer Wilder, der durch seine ursprüngliche Körperlichkeit -
oder das, was man dafür hält - die städtische Umgebung zur absurden und
lebensfeindlichen Umwelt werden lässt. In weiteren Aufnahmen sieht man
Glikpa zu afrikanischen Trommelklängen spontan Zeichen aufs Papier
malen. Auch greift er schon mal selbst zur Trommel und vervollständigt
damit endgültig die Palette der Klischees vom afrikanischen Künstler.
Schon durch seine Biografie erfüllt Glikpa das Schlagwort vom
multikulturellen Künstler.
Aber geht der Togolese, der schablonenhafte
Vorstellungen von chinesischer Kalligraphie, Voodoo und europäischen
Surrealismen nahezu unreflektiert vereinigt, hier wirklich auf die
Kulturen ein, denen er die bekanntesten Formen entnimmt? Die besseren
Werke Glikpas wie die Arbeiten auf Zeitungspapier oder die großartige
Installation eines ausgetrockneten Flussbetts, das im Video zu sehen
sind, lassen keine eindeutige Antwort darauf zu.
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