Freitag, 27. Mai 2011

Ist politische Kunst möglich? (4)

"Amazing Music by Weapons" von zurmatube (2009)

Seltsam berührt und zwischen alle Stühle des Geschmacks geraten fühlt man sich immer wieder, wenn man wie ein Hai durch die Netze schwimmt und hier und da was abfischt, was einen trotz aller Geschmacksfragen nicht kalt lassen will. Als Kunst möchte ich den hier vorgestellten Beitrag nicht diskutieren, aber dennoch aufgreifen, weil man viel mehr mit solchen als mit veredelten Kunstprodukten zu tun hat.
Aber noch ein anderer Grund fällt hier ins Gewicht: alle diese Miniclips, die so zahllos das Netz bevölkern, bilden eine Art Basis, einen Dünger, dem man möglicherweise so etwas wie Zeitgeist ablauschen kann. Politische Kunst, also Kunst, die sich gemein macht mit den drängenden Fragen und nicht zu entkommenden Widersprüchen der Gegenwart und damit an der Wirklichkeit der Verhältnisse interessiert ist, die global oder randständig, nichtig oder fundamental sein können, basiert auch auf der Suche nach eben diesem Zeitgeist. Viele zeitgenössiche Künstler treiben sich im Netz herum und finden so etwas wie "Amazing Music by Weapons" mit dem Hinweis auf youtube dazu: 
"this is the original version before battlefield or call of duty the true sound of weapons, amazing music by weapons....really cool ..."

The 265th Military Police Battalion operating in Iraq. Quelle: MAPN, wikimedia
Waffen werden abgeschossen, von Soldaten wie Zivilisten und in Wiederholungen - der Zwei- Minuten-Clip besteht aus kaum mehr als zehn Bildern - als eine Art Stakkato-RAP gegeneinander geschnitten. Gerade durch seine verharmlosende Ballerei entwickelt das Filmchen etwas unfreiwillig Kritisches, wie ein hängengeblieberner Showdown ohne Spannungskurve: sinnentleert - öde, aber böse. Und vor allem schwer beziehungslos.
Das kulminiert noch in der Steigerung, in der die Schießeisen nicht mehr schießen: ein impotentes Klicken von leergeschossenen Magazinen - eine Art break in Ton und Bild. Da kann jetzt nur noch die Autobombe kommen, die vom letzten Protagonisten des Clips mit diabolischen Grinsen gezündet wird: Eine fröhliche Welt des Tötens und wer zuletzt lacht, hat  im richtigen Moment die größere Waffe...really cool ..!
"Amazing Music by Weapons" braucht keinen Überbau und keine heuchlerisch moralische Begründung: Schießen für den Frieden, für Demokratie, Fortschritt und Frauenrechten, das kommt hier nicht vor - simpel aber authentisch.

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