Freitag, 18. Juli 2014

Schwarz ist keine Farbe - Faten Rouissi (3)

Faten Rouissi (geb.1967, Tunesien) ist bereits durch ihre Autowarackbemalungen während der Revolution schnell über ihr Land hinaus bekannt geworden. Ihre besondere Aufmerksamkeit galt seit 2010 verstärkt dem öffentlichen Raum. Wie viele andere Künstler in den arabischen Revolutionenen  sprengten Künstler ihre eigenen Grenzen und begaben sich vom elitären, geschützen Raum ihrer Ateliers und Kunstszenen auf die Straße. Wie sehr die Art der Auseinandersetzung sich dadurch veränderte, zeigt der Film Art War mit Künstlern aus Kairo. Aber zunächst wollten alle Künstler, die sich in den umkämpften öffentlichen Raum begaben, mit einer neuen Art 'Volkskunst' ein Teil der Bewegung sein und auch von den einfachen Menschen verstanden werden. So veröffentlichte sie im Online-Kunstmagazin Nafas 2011 einen Aufruf zur Beteiligung an Straßen - und Eventkunst im öffentlichen Raum.
Installation von Faten Rouissi: "Le fantôme de la liberté"

Ihr Anliegen verrät eine gewisse Romantisierung und übersteigerte Erwartung gegenüber den Einflüssen, die Kunst normalerweise im Leben der Menschen spielt - erst recht in einem Land, wo die Veränderungen politischer und nicht ästhetischer Natur sein müssten. Aber die Euphorie war groß. Hier ein Auszug aus ihrem oben genannten Aufruf:
"Wie können neue künstlerische und ästhetische Kräfte hervorgebracht werden, die zu einer Zeit, in der Tunesien solche Kräfte dringend braucht, die kollektive Dynamik in unserem alltäglichen Leben fördern? Wie können alle - Künstler, Kritiker und Bürger - zusammen träumen, um diese Aktion in unsere Sensibilität einzugravieren und unser gemeinsames Eintreten für eine künftige Welt zu feiern, indem wir daran arbeiten, die lokale Kultur und künstlerische Produktion dem Publikum näherbringen?....Nach meinem Dafürhalten ist die gegenwärtige Zeit fruchtbar für Kreationen an Wänden und im öffentlichen Raum, um der Krise sowie auch den Beklemmungen und Sorgen der Leute entgegenzutreten. Es ist wichtig, die Initiative aufrechtzuerhalten, während wir hinsichtlich unseres Schicksals das Heft in der Hand haben und Verbündete beim kreativen Prozess finden und dabei eine neue Solidarität und neue Vernetzungen aufbauen, um unsere Vorstellungswelten zu entwickeln."
Eingang zum Village de la Biennale in Dakar
2013 zeigte Faten Rouissi ihre Installation "Le fantôme de la liberté" in der Austgellung "Frühling der Kunst" im touristischen Küstenort La Marsa in der Nähe von Tunis. Mit dieser Installation kam sie nun auch auf die 11. Biennale von Dakar 2014. Ein Konferenztisch aus Email in pissgelb mit Mikrophonen und Klopapierrollen stehen auf einer Plattform, auf denen die Stühle aus Kloschüsseln bestehen. Die Symbolik ist drastisch: Das Resultat aller  Diskussionen und Konferenzen ist schlicht Scheiße. Sie selbst kommentiert dazu:
"The parliament had already started to show its limits and its incompetence, reinforced by the establishment of an Islamist government."

Ihre Arbeit "Die große Wäsche", tiefrot gefärbte Kleidungsstücke - darunter auch Unterwäsche - brachte die Salafisten in ihrem Land besonders gegen sie auf. Sie gelangte damit auf eine von Islamisten im Internet veröffentlichte Liste von Künstlern, die von ihnen abgelehnt werden (taz-Artikel vom 12.01.2013). Leider wissen wir nicht, welche Konsequenzen solche Listen für KünstlerInnen in ihrem Land  haben. Für die westlichen Kunstszenen ist das aber geradezu ein Qualitätsmerkmal. Zudem haben die arabischen Umstürze hierzlande zu einem erheblichen Boom arabischer Kunst geführt.
Die Installation Rouissi geriet jedenfalls auf der  Dak'Art zu einem lebendigen Ort des Austauschs, einer Aneignung durch das Publikum, wie kritische Kunst sie eher selten erlebt. Das liegt wohl auch an der Großzügigkeit der Künstlerin, die es ausdrücklich erlaubt hat, dass ihre Installation betreten und 'besessen' werden darf. Zudem dürfte sie mit ihrer Aussage die allgemeine Stimmung getroffen haben, die auf die Politik ihrer Führer und schon gar nicht auf internationale Konferenzen etwas gibt - besonders in Dakar. Denn hier wird die Stadt gerade massiv für den Standort internationaler Konferenzen mit den entsprechenden Repräsentativbauten und Shoppingmalls aufgemotzt. 

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