Dienstag, 15. März 2011

Spontandemos in Hyderabad

Busfahrt zu den Randbezirken in Hyderabad
Hyderabad ist die Haupstadt des Bundesstaates Andra Pradhesh. Das Hotel Suhail, wo ich hier wohne, ist - wie der Klang des Namens zeigt -  von Muslimen geführt und liegt  in einer engen Gasse namens Troop Bazaar. Trotzdem quält sich hier ein zweispuriger Verkehr nebst Fussgängern durch.

Im Troop Bazaar gibt es Baumaterielien, Zement und Gips in schweren Säcken wie überhaupt das Meiste richtig hard ware ist -  Stangen aus Eisen, aus Aluminium, Schläuche, electronicals. Links vom Hotel stapeln sich meterhoch beeindruckende Riesenventilatoren, die einem bei Stufe drei vermutlich das Dach abreissen, wahrscheinlich für grosse Hallen und Kinos gedacht. Danach folgt am Abschluss einer engen Gasse, die auf die breite Abids Road führt, der Hinterhof des GPO (General Post Office), wo säckeweise Post ausgeschüttet liegt und sortiert wird. Die Abids Road ist eine sechsspurige Einbahnstrasse und dort brettern mit Karacho unzählig viele Buslinien die abschüssige Strasse runter.
Werbeplakat ihn Hyderabad
Diese fahren auf der rechten Strassenseite, die offensichtlich extra für LKWs und Busse reserviert ist, während die PKWs und Rikshawfahrer alle auf der linken Seite fahren. Die Busse halten ebenfalls  alle auf der rechten Strassenseite, während die Bushaltestelle sich auf der linken Strassenseite befindet. Das heisst, man muss - um einen dieser Busse besteigen zu können - bei tosendem Verkehr voll auf die Strasse treten und das bedeutet: Warten, bis der Verkehr dies zulässt. Aber bis dahin fährt der Bus meist wieder ab - oft ohne die dort wartenden Fahrgäste aufgenommen zu haben!  Eine gewisse Chance, um doch noch einsteigen zu können, besteht, wenn die Fahrgäste im Bus mehrheitlich dort, wo man steht, aussteigen wollen und zudem mehrere - etwa ab drei Personen aufwärts - zusteigen wollen. Dann kommt es - oh Wunder - tatsächlich vor, dass der Fahrer den Bus zur eigentlichen Haltestelle herüberzieht und man ganz normal zusteigen kann.
Bis dahin ist Warten mit Humor angesagt, bei dem einem ein Bus nach dem anderen vor der Nase wegfährt - oder sportliche Einsätze mit radikalen Mobilisten als Gegenpart, die man zu Ausweichmanövern zwingen muss, um auf den anfahrenden Bus, der nur mehr symbolisch kurz anhält, aufspringen kann. Das schaffen zumeist nur die Jüngeren.... Bis man also mal drin sitzt und sich wieder so ein normales Fahrgastgefühl einstellen kann, hat man irgendwie ein bisschen was erlebt und einen Eindruck von der Härte des ganz normalen Alltags in Indien dabei gewonnen.

Einkaufspassage in Hyderabad
Beim Überqueren der Strasse an Verkehrsknotenpunkten gelten ebenfalls die Mehrheitsverhältnisse. Man bildet eine Art Spontandemo mit dem kurzfristigen Ziel der Strassenüberquerung. Mental skandieren alle: "Wir wollen hier rüber!" und dann schiebt man sich gemeinsam wie ein vielgliedriger, aber kompakter Körper als Rammbock Schritt für Schritt auf die Strasse, um dann immer schneller zu werden, wenn man den Verkehr tatsächlich unter lärmendem Hupkonzert zum Anhalten gezwungen hat. Jegliches Nachlassen an den Rändern dieses Rammbocks führt zum sofortigem Ausbrechen einzelner Autofahrer, meistens Mofa - oder Rikshawfahrer, die diese Lücke nutzen und seitlich an einem vorbeirasen. Ist man drüben angekommen, löst man sich in dem üblichen Gewimmel wieder auf. So eine Art spontane Verknäulung und Entkäulung, das umgekehrte Modell zur DNA.

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