Dienstag, 22. Januar 2013

Ein Blick zurück - der Flüchtlingsmarsch von Würzburg nach Berlin

Weltflüchtlingskarte von 2007, UNHCR.
Grafik von KVDP (wikimedia)
Durch die Intitiative von refugee welcome Bonn – unterstützt vom Kulturreferat ASTA - gab es am 31. Januar 2013 in der Uni Bonn einen Vortrag zum Flüchtlingsmarsch vom Dezember 2012, der von Würzburg nach Berlin führte. Dazu war Salomon Wantchoucou (Mitglied von THE VOICE, Refugee Forum & Flüchtlingsinitiative Wittenberg) aus Benin eingeladen. Er lebt zur Zeit in einem Flüchtlingsheim in Wittenberg. Er hat die Flüchtlingsaktionen mitorganisiert und nahm an dem Marsch nach Berlin teil.
Hungerstreik der Flüchtlinge am Brandenburger Tor in Berlin, Okt. 2013,
CC 2.0, Fraktion DIE LINKE im Bundestag, wikimedia
In seinem Vortrag bezeichnete er die Asylbewerber- und Flüchtlingsheime als "open prisons", die gegen die Menschenrechte verstießen. Jahrelange Aufenthalte in überbelegten, improvisierten Sammelunterkünften traumatisierten die Betroffenen. Zusätzlich erniedrigt würden Flüchtlinge durch die Residenzpflicht, das Arbeitsverbot und Gutschein- statt Bargeldausgabe. Auch der Flüchtlingsmarsch auf Berlin war durch den Freitod von Mohammad Rahsepar in Würzburg ausgelöst worden, der seine Situation nicht mehr länger ertragen hatte.

Dass Flüchtlinge in Deutschland so miserabel unterbracht werden, führte Salomon auch darauf zurück, dass sich die Kommunen dieser Aufgaben gerne entledigten: Vielfach würden Verträge für Flüchtlingsunterkünfte an Privatfirmen vergeben, um die Kosten für diesen Bereich der Daseinsvorsorge zu drücken. Da die auftragnehmenden Firmen noch satte Gewinne erwirtschaften wollten, fielen die Ergebnisse entsprechend miserabel aus.
Die politisch motivierten Flüchtlinge sind eine Minderheit. Und die meisten Flüchtlinge hatten nach Aussage von Salomon Wantchoucou große Angst, dem Aufruf zum zivilen Ungehorsam zu folgen. Bislang gab es für die am Flüchtlingsmarsch Beteiligten, die damit teilweise gegen die Residenzpflicht verstoßen haben, noch keine straf- oder ausländerrechtlichen Konsequenzen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese noch folgen, wenn die Medienpräsenz nachlässt. Die Forderungen der Protestler formulierte Salomon Wantchoucou unmissverständlich:
  • Abschaffung der Residenzpflicht als Menschenrechtsverletzung
  • Bargeld statt Gutscheine um Flüchtlingen mehr Selbstbestimmungsrechte einzuräumen
  • das Recht, einer Arbeit nachzugehen
Hungerstreik der Flüchtlinge am Brandenburger Tor in Berlin, Okt. 2013,
CC 2.0, Fraktion DIE LINKE im Bundestag, wikimedia
Salomon Wantchoucou wertete den Marsch insgesamt als Erfolg, weil die langwierige Zusammenarbeit vieler Graswurzelbewegungen zu einer sehr medienwirksamen gemeinsamen Aktion geführt habe, die weiterhin fortbestehe. Sein Rat an deutsche Flüchtlingsinitiativen wie refugee welcome war, den Flüchtlingen einen Anstoß zur Selbstorganisation zu geben. Nur so könne gewährleistet werden, dass die Flüchtlinge selbst ihre Anliegen und Bedürfnisse formulieren, die dann mit Hilfe der deutschen Solidaritätsinitiativen nach außen getragen werden könnten.

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