Montag, 13. April 2015

(5) Kunstszene Mumbai - Vivisek Vilasani in Red, Blue & Yellow

Mumbai brummt: Als Kunstmetropole neben denen von Kalkutta oder Delhi bietet sie neben vielen ambitionierten Ausstellungen auch einige Events, wie das Kala Ghoda Art Festival oder das Fokus Photography Festival . Darüber habe ich  auf diesem und auf dem MediaWatch Blog bereits berichtet. Eine erste Galerieausstellung habe ich noch während ich in Indien war, veröffentlicht. Hier möchte ich 5 weitere Ausstellungen mit ihren Künstlern vorstellen.

Fotocollage von Vivisek Vilasani
Noch bis zum 10. April läuft die Ausstellung mit Bildern von Vivek Vilasani in einem Möbeldesignladen Red, Blue & Yellow. Der Künstler kommt aus dem südindischen Bundesstaat Kerala. Dort hat er politische Wissenschaften studiert und Bildhauerei als traditionelles Handwerk erlernt - eine ungewöhnliche Kombination. Die Tradition der Bildhauerei hat in ganz Indien große Bedeutung - für die zahlreichen hinduistischen Feiertage finden teils große Festagsumzüge mit überlebensgroßen Figuren statt. Dieser Hintergrund - das Pompöse der bilderreichen Tradition und die in Kerala als Theater aufgeführte Kathakali-Tanzperformance -  durchdringen die Bilder von Vilasani.
Überfrachtet, ein wenig wie die Wimmelbilder von Hieronymos Bosch - teils noch zusätzlich mit Motiven der christlichen Barock- und Renaissancemalerei - bedienen seine Bilder die Klischees, die man sich gemeinhin von Indien macht: Laut, tosend bunt und bevölkert von einem unverständlichen spiriutellen Kosmos.

Fotocollage von Vivisek Vilasani
Er verknüpft diese für Europäer überwältigende Vielfalt teils mit an Straßenszenen anmutenden Hintergründen, die auf Plakaten eine ähnliche Welt widerspiegeln wie seine Szenerien im Vordergrund. Klaustrophobisch wirkt das, als könne man der dominanten Hindukultur auch im indischen Alltag nicht entrinnen und genau so ist es auch. Sein Bild eines überbordenden Hindutempels, vermutlich ein Abbild eines der berühmtesten indischen Tempel, dem Minakshi-Tempel in Madurai, ist bei ihm nicht mit Göttern, sondern mit Menschen aus dem indischen Alltag bevölkert. Leider hat das Glas des Bildrahmens vehindert, ein besseres Foto davon zu machen.

Fotocollage von Vivisek Vilasani
Das rätselhafteste und interessanteste Bild zeigt eine merkwürdige Figurenkonstellation, dessen Bedeutung für Inder vielleicht lesbarer sein dürfte als für Kulturfremde. Auch stilistisch fällt dieses Bild aus dem Rahmen. Nur der Hintergrund ist einfarbig rot, die Figuren selbst wirken wie akkurate Federzeichnungen. Die einzige weibliche Figur läuft dem ineinandergeschobenen Tross an Männern entgegen, irgendwie eine Situation, die mir sehr bekannt vorkommt. Sie könnte aus dem indischen Alltag entstammen, in dem man sich, durch den indischen Großstädtdschungel schlagend, ganz so vorkommt wie die Frau auf dem Bild.

Arbeit von Vivisek Vilasani
Die Männer tragen eine Art Guru, seine Schneidersitzhaltung und die nackten Füße scheinen darauf zu verweisen. Insgesamt bildet die Formation die Umrisse eines Elefanten ab, ein Tier, das neben der heiligen Kuh ebenfalls rituelle Bedeutung zukommt. Ratlos ist dagegen der Gesichtsausdruck des vermeintlichen Gurus: Heilslehren zu verkünden und zu wissen, wo es langgeht - diese Ausstrahlung fehlt ihm noch. Das könnte eine ironische Brechung des Künstlers sein, der eine guruähnliche Erscheinung als normalen Menschen darstellt, der wie alle anderen ist und durch nichts ausser der Bewunderung seiner Mitmenschen hervorgehoben ist.

Malerei/Collage von Vivisek Vilasani
Ähnlich wie Bettler ist auch Guru in Indien ein Beruf, ein sehr lukrativer dazu, wenn man die Klaviatur der Bedürfnisse so vieler schicksalsgläubiger Inder zu bedienen versteht. Vivek Vilasani versteht es, aus diesem Gemengelage von Alltag, Gläubigkeit und  Hochkultur Bilder zu generieren, die mehr sind als blutarme Konzeptkunst und sich dennoch nicht intellektuell darüber erheben. Gerne wüsste man mehr zu den Bildern, die dekorativ und ohne Titel - und Werkanangaben zwischen den Möbelarrangements hängen. Aber Red, Blue & Yellow ist eben keine Galerie.

Alle Fotos aus der Ausstellung von Ina Zeuch

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