Samstag, 11. April 2015

Zwischenruf: Sch... Bescheidenheit - Armutskunst aus Griechenland

Ein Künstler muss hungern und frieren, um wahre Kunst zu produzieren - so ein beliebtes Klischee. Heuchlerisch ist das und die Moderatorin vom Deutschlandfunk im Magazin Kultur heute vom 8.4.2015 sagt das auch im ersten Satz zu ihrem Beitrag über eine Ausstellung von 74 griechischen Künstlern, die zur Zeit in Tessaloniki läuft. Dann aber geht es doch ganz anders weiter, weil Kunst und Krise in Griechenland doch irgendwie kongenial zusammenkommen. Von Solidarität ist da die Rede, dem Zusammenrücken der Menschen in der Armut und wie die Künstler mit sogenannten armen Materialien Kunst generieren.
Griechische Polizei schützt einen Weihnachtsbaum vor Demonstranten in einem Einkaufszentrum der Athener Innenstadt*
Das klingt wie das Wort zum Sonntag und wird durch die ausgewählten Zitate noch verstärkt: "Das, was die jungen Künstler beschäftigt, ist die Solidarität in der Gesellschaft, der Dialog, die Hand, die dir jemand reicht, wenn du in Not bist", so die Galeristin der Ausstellung und eine Künstlerin wird folgendermaßen zitiert: "Wir müssen alle Übertreibungen loswerden. Und uns auf das konzentrieren, worauf es jetzt am meisten ankommt. Auf das Wesentliche in den Dingen. Bei der Arbeit mit Miniaturen kamen wir uns wie ein Spiegelbild der Gesellschaft vor. Diese Krise hat uns schwer getroffen, aber wir hatten vorher den absolut grenzenlosen Überfluss erreicht."
Bingo! Das hat uns BILD doch schon erzählt. Jetzt bescheiden sie sich endlich, die Griechen und entdecken die Solidarität, die Innerlichkeit, die schöne Bescheidenheit... Kleine Kunstbrötchen backen und das jahrelange Ausbluten ihres Landes auch noch unwidersprochen hinnehmen - das kommt gut an, das läuft gut rein und wird denn auch entsprechend gewürdigt. Schön ist es, wenn die Armen zu Kreuze kriechen und der Begriff der Solidarität nur dann verwendet wird, wenn es vor allem "uns" nichts kostet.

*Das Foto ist eine Momentaufnhame aus Euronews, aufgegriffen vom Künstlerduo Mona Vatamanou/ Florin Tudor (Foto von Ina Zeuch aus der Ausstellung "Ohnmacht als Situation" von Juli/August 2013 im Frankfurter Kunstverein)

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