Aus heiterem Himmel - aber von langer Hand geplant- fielen heute vor 71 Jahren die Bomben unter den Decknamen
Little Boy und Fat Man auf die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki
. Die unerbittliche Kriegsbeteiligung Japans unter
Kaiser Hirohito auf der Seite der Deutschen und der Angriff der japanischen Marinestreitkräfte auf
Pearl Harbour, nach dem die USA dann auch aktiv in den Zweiten Weltkrieg eingriffen, waren der Vorwand für den Einsatz der Waffe. Die Weigerung des Kaisers zu kapitulieren - in Deutschland war der Krieg bereits seit dem 8. Mai zu Ende - resultierte am 9.August 1945 in einem weiteren Atombombenabwurf auf Nagasaki.
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Nagasakibombe: Charles Levy from one of the B-29 Superfortresses used in the attack. Dieses Bild wurde von einem Mitglied der United States Army während der
Ausführung seiner Dienstpflichten erstellt. Quelle: wikimedia commons |
Erst diese zweite Bombe -
Fat Man - nötigte den japanischen Kaiser zur Kapitulation. Er blieb bis zu seinem Tod 1989 in Amt und Würden. Die USA begründeten auch den zweiten Abwurf damit, das
Kriegsende erzwingen zu wollen. Die US-Streitkräfte erprobten die Auswirkungen der Waffe an zwei geographisch sehr unterschiedlichen Städten: Während Hiroshima in einer Bucht gelegen ist, in der sich die Wucht der Explosion voll entfalten konnte, liegt Nagasaki verstreut über und zwischen mehreren Hügeln. Über Hiroshhima wurde außerdem eine Bombe aus hoch angereichertem Uran abgeworfen wurde, über Nagasaki Plutonium gezündet. Die Auswirkungen der Explosionen waren entsprechend unterschiedlich. Sie wurden minutiös in Film und Foto während und nach dem Abwurf von den USA aufgezeichnet, um die Schlagkraft der Bombe für das Militär zu dokumentieren.
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Filmszenen aus "Barefoot Gen" |
Eine "Aufzeichnung " ganz anderer Art ist die des Mangazeichners
Keiji Nakazawas. Als 6-jähriger Junge überlebte er unweit des Epizentrums der
Abwurfstelle in Hiroshima. In seinem zweiteiligen Animationsfilm
"Barefoot Gen" von
1973 zeichnet er in nie dagewesener Wucht die
Ereignisse vor und nach der Bombe. Als junger Mann ging er als
passionierter Zeichner, der schon an einigen Ausschreibungen für
Mangaproduktionen teilgenommen hatte, nach Tokyo. Erst 23 Jahre später
verarbeitete er 1968 seine Erlebnisse - zunächst als Fortsetzungscomic,
dann als
Animationsfilm mit dem Titel
"Barefoot Gen". Der ebenfalls 6-Jährige Gen in
"Barefoot Gen" ist die stark autobiographische Figur des Autors selbst. Der Film beginnt mit der martialischen japanischen Kriegsrhetorik, der Nakazawa und sein Bruder in der Schule ausgesetzt waren. Die Brüder werden gehänselt, weil ihr Vater sich nicht als Freiwilliger zum Militär meldet und den Krieg verurteilt. Dann fällt die Bombe, die nur Gen und seine Mutter überleben.
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Filmszene aus "Barefoot Gen" |
Nakazawa erzählt in einem
Interview mit The Comics Journal, dass er in Tokyo seine Herkunft aus Hiroshima verheimlichte. Dort krassierte die diffuse Angst, man könne sich an den Opfern der A-Bombe 'anstecken'. Die Aufarbeitung sowie die Anti-Atom-Bewegung, der Nakazawa zeitlebens angehörte, entstand erst in den 1970er Jahren in Japan und mit ihr eine junge Generation von Mangazeichnern, die an ungewöhnlichen Ideen interessiert waren.
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Zeichnung von Nakazawa aus dem Comic "Barefoot Gen" |
1968 begann er mit seiner zehn Jahre dauernden Arbeit am Comic
Barefoot Gen, der zur Vorlage des Films wurde. Ab 1973 wurde dieser in Zeitschriften als Fortsetzungsmanga publiziert. Aber der eigentliche Anschub zur Realisierung seiner Aufarbeitung des Kriegstraumas war der Tod seiner Mutter. Nach der Feuerbestattung ist es in Shinto-Bestattungen üblich, sich ein paar Knochenreste aus der Asche als Gedenken an die Toten mitzunehmen. Knochen verbrennen normalerweise nie vollständig. Aber die Knochen seiner Mutter waren durch die radioaktive Strahlung zu allerfeinstem Staub zerfallen. Das brachte ihn schlagartig in die Vergangenheit zurück und wurde für ihn zum Auslöser für seine künstlerische Aufarbeitung. Nakazawa verfügte als Zeichner über das einzige Medium, diese gigantische Katastrophe auszudrücken.
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