Wie erzählt man über ein so traumatisches Erlebnis als Überlebender des Atombombenabwurfs in Hiroshima am 6. August 1945, vor heute 75 Jahren?
Erst einmal gar nicht! Nicht nur, dass der Autor und Comic-Zeichner Keiji
Nakazawa als Überlebender der A-Bombe auf Hiroshima lange nicht darüber sprach. Er verschwieg ganz bewusst seine
Herkunft aus Hiroshima. Die Opfer der A-Bombe wurden vom Rest der japanischen Gesellschaft stigmatisiert. Neurotisch wurde der Kontakt zu
ihnen gemieden aus einer diffusen Angst der Ansteckung heraus. Auch wurden die Strahlenopfer mit ihren teils nicht offen sichtbaren körperlichen Beeinträchtigungen und ihre Traumatisierung als behindert und arbeitsfaul wahrgenommen.
Erst 1968 thematisiert Keiji Nakazawa dieses Trauma, das er mit sechs Jahren zusammen mit seiner Mutter überlebte. Sein Vater und seine Geschwister kamen in dem Inferno um. 'Barefoot Gen' ist das alter Ego seines Autors, von denen die ersten beiden Bände hier bereits besprochen wurden.
Die beiden letzten Bände seines Comics beschreiben den Überlebenskampf der Opfer nach der Katastrophe. Weg aus der Stadt, die von Leichen und Sterbenden übersät ist, sucht die Familie von Barefoot Gen eine Jugenfreundin der Mutter auf. Nur die Mutter und ihr am Tag der Explosion vorzeitig geborenes Baby haben den Abwurf überlebt. Barefoot Gen hat ihr bei der Geburt seiner Schwester geholfen und mit ihr verbindet ihn darum eine geradezu symbolisch aufgeladene Liebe, direkt nach dem Verlust seiner beiden Geschwister und als Neuanfang mitten in der Katastrophe.
Aus der Asche ihres Hauses hat er die Schädel des Vaters und seiner beiden Geschwister geborgen, als letzten Akt bevor sie Hiroshima verlassen. Diese sterblichen Überreste gehören nun neben den wenigen Habseligkeiten zu ihrem Leben. Mit ihnen hält die Mutter in tiefster Verzweiflung ihre Zwiesprache, für Barefoot Gen sprechen aus diesen Knochen seine Geschwister und vor allem sein Vater zu ihm, dessen wichtigste Ratschläge ihn daran erinnern, nicht aufzugeben und das Leben anzunehmen.
Die beiden letzten Bände seines Comics beschreiben den Überlebenskampf der Opfer nach der Katastrophe. Weg aus der Stadt, die von Leichen und Sterbenden übersät ist, sucht die Familie von Barefoot Gen eine Jugenfreundin der Mutter auf. Nur die Mutter und ihr am Tag der Explosion vorzeitig geborenes Baby haben den Abwurf überlebt. Barefoot Gen hat ihr bei der Geburt seiner Schwester geholfen und mit ihr verbindet ihn darum eine geradezu symbolisch aufgeladene Liebe, direkt nach dem Verlust seiner beiden Geschwister und als Neuanfang mitten in der Katastrophe.
Aus der Asche ihres Hauses hat er die Schädel des Vaters und seiner beiden Geschwister geborgen, als letzten Akt bevor sie Hiroshima verlassen. Diese sterblichen Überreste gehören nun neben den wenigen Habseligkeiten zu ihrem Leben. Mit ihnen hält die Mutter in tiefster Verzweiflung ihre Zwiesprache, für Barefoot Gen sprechen aus diesen Knochen seine Geschwister und vor allem sein Vater zu ihm, dessen wichtigste Ratschläge ihn daran erinnern, nicht aufzugeben und das Leben anzunehmen.
Ihre Zeit als Gäste bei der Familie der Jugendfreundin ist gekennzeichnet vom Hass ihrer beiden Kinder, mit denen sich Barefoot Gen regelmäßig prügelt. Auch die Schwiegermutter lebt im selben Haushalt, die ihre Enkel gegen die neuen Mitbewohner aufstachelt. Von ihr werden sie regelmäßig beschimpft und gedemütigt, sogar des Diebstahls bezichtigt. Schließlich werden sie von ihr aus der provisorischen Unterkunft vertrieben, indem sie ihnen einen neuen Mieter vorsetzt.
Marodierenden Kinderbanden - immer auf der Suche nach etwas zu essen - stehlen bei Bauern, bekämpfen sich gegenseitig und jagen sich teils die Beute wieder ab.
Die Überlebenskämpfe sind hart und unerbittlich. Barefoot Gen macht sich sowohl Freunde wie Feinde durch seine impulsive Art - immer bereit, seine Familie bis aufs Messer zu verteidigen. Nichts darf ihr Überleben gefährden.
Er sucht und findet Arbeit bei einem durch schwere Brandwunden verletzten Mann, der - zurückgekehrt aus Hiroshima - von seiner Familie in einen Verschlag gesperrt wurde in der Hoffnung auf seinen baldigen Tod. Er zieht ihm die Maden aus dem verwesten Fleisch und gibt ihm neuen Lebensmut. Er verdient sein erstes Geld. Er lernt einsam Überlebende kennen, die ohne Angehörige an Straßengräben verenden oder kriminell geworden sind.
Von ihnen hört er zum ersten Mal das Wort Mangelernährung und versteht nun die Apathie vieler Menschen, die fast leblos an einem Ort verweilen und dort sterben. Plötzlich erkennt er auch an sich selbst, vor allem aber an der durch die Geburt geschwächten Mutter und seiner kleinen Schwester Zeichen von Mangelernährung - ein Albtraum, der ihn zu neuen Aktivitäten treibt.
Er trifft Amerikaner, die Proben von den Knochenresten der Toten für ihr Archiv nehmen, weswegen sie von den verständnislosen Kindern als Kannibalen angesehen werden. Er lernt die Schwester seiner einzigen Kameradin kennen - kahlköpfig wie er und darum wie er den Hänseleien anderer Kinder ausgesetzt - die sich von einem Amerikaner aushalten lässt, um sich selbst und ihre Schwester durchzubringen. Immer wieder sind es diese Geschichten in der Geschichte, die das ganze Drama der Überlebenden erhellen.
Die Details dieser vier Comics sind keine Fantasie, sondern gelebte Erfahrung. Trotz der einfachen Sprache, der leichten Lesbarkeit und der holzschnittartigen Erzählweise, wie sie für Comics stilbildend sind, beeindruckt die Geschichte von Barefoot Gen durch seine Differenzierung der Situationen in den letzten Kriegstagen Japans durch seine Authentizität. Kaum vorstellbar, in welch anderem Medium man diese Erfahrungen hätte aufschreiben können. 1973 entsteht dazu ein Animationsfilm, die die Comics zur Vorlage haben.
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Marodierenden Kinderbanden - immer auf der Suche nach etwas zu essen - stehlen bei Bauern, bekämpfen sich gegenseitig und jagen sich teils die Beute wieder ab.
Die Überlebenskämpfe sind hart und unerbittlich. Barefoot Gen macht sich sowohl Freunde wie Feinde durch seine impulsive Art - immer bereit, seine Familie bis aufs Messer zu verteidigen. Nichts darf ihr Überleben gefährden.
Er sucht und findet Arbeit bei einem durch schwere Brandwunden verletzten Mann, der - zurückgekehrt aus Hiroshima - von seiner Familie in einen Verschlag gesperrt wurde in der Hoffnung auf seinen baldigen Tod. Er zieht ihm die Maden aus dem verwesten Fleisch und gibt ihm neuen Lebensmut. Er verdient sein erstes Geld. Er lernt einsam Überlebende kennen, die ohne Angehörige an Straßengräben verenden oder kriminell geworden sind.
Von ihnen hört er zum ersten Mal das Wort Mangelernährung und versteht nun die Apathie vieler Menschen, die fast leblos an einem Ort verweilen und dort sterben. Plötzlich erkennt er auch an sich selbst, vor allem aber an der durch die Geburt geschwächten Mutter und seiner kleinen Schwester Zeichen von Mangelernährung - ein Albtraum, der ihn zu neuen Aktivitäten treibt.
Er trifft Amerikaner, die Proben von den Knochenresten der Toten für ihr Archiv nehmen, weswegen sie von den verständnislosen Kindern als Kannibalen angesehen werden. Er lernt die Schwester seiner einzigen Kameradin kennen - kahlköpfig wie er und darum wie er den Hänseleien anderer Kinder ausgesetzt - die sich von einem Amerikaner aushalten lässt, um sich selbst und ihre Schwester durchzubringen. Immer wieder sind es diese Geschichten in der Geschichte, die das ganze Drama der Überlebenden erhellen.
Die Details dieser vier Comics sind keine Fantasie, sondern gelebte Erfahrung. Trotz der einfachen Sprache, der leichten Lesbarkeit und der holzschnittartigen Erzählweise, wie sie für Comics stilbildend sind, beeindruckt die Geschichte von Barefoot Gen durch seine Differenzierung der Situationen in den letzten Kriegstagen Japans durch seine Authentizität. Kaum vorstellbar, in welch anderem Medium man diese Erfahrungen hätte aufschreiben können. 1973 entsteht dazu ein Animationsfilm, die die Comics zur Vorlage haben.
An seiner Figur beleuchtet Nakazawa alle Schreckensaspekte dieser Katastrophe und zeigt dennoch eine Art verzweifeltes Bekenntnis zum Leben, aber vor dem Hintergrund eines unerbittlichen Kampfes zum Überleben. Keiji Nakazawa
ging als junger Mann nach Tokio. Er wurde Zeichner und blieb so seinem Vater, der ebenfalls
Künstler war, auf diese Weise verbunden. Erst die viel jüngere
Generation von Comiczeichnern in den 70iger Jahren Japans brachte ein anderes
kulturelles Klima hervor, die ihn dazu drängte, seine Geschichte
aufzuschreiben.
Die ersten Anti-Atombewegungen politisierte die damalige Stimmung zusehends und entdeckte Keiji Nakazawa als eine authentische Stimme im Kampf gegen Krieg und Atomwaffen. Nakazawa starb im Dezember 2012 und blieb bis zu seinem Tod Antikriegs-Aktivist.
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